Geschrieben von: Peter With
Kategorie: Aktuelle Infos
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Das Jahr 2010 legt entscheidende Grundsteine für den Kanton Luzern. Die Verwaltung erarbeitet ihre Strategie zur Umsetzung der „Starken Stadtregion“, der Grossstadt Luzern. Während kantonsweit weitere Fusionsprojekte von oben herab angerissen werden, gibt der Kanton mit einer ersten Wahlkreisreform den Startschuss zur Aufsplittung der 5 Ämter und legt somit den Grundstein für neue Kräfteverhältnisse. Dem Verein Gegen GrossLuzern obliegt (nebst anderen) die schicksalhafte Verantwortung, Gegensteuer zu geben und den Föderalismus zu verteidigen.
 
Wie an einem Schnürchen
Woher der Wind bei der ganzen Fusionsspirale weht, wird immer eindeutiger. Im Rahmen der Berichterstattung zur vollzogenen Fusion Luzerns mit Littau, führte die „Zentralschweiz am Sonntag“ vom 3. Januar 2010 ein Interview mit Thomas Held. Held ist Geschäftsführer von Avenir Suisse, eines globalistischen Denk-Instituts, das sich auserlesen fühlt, die Schweiz neu zu gliedern. Helds Nachfolger wird ab dem 4. Quartal 2010 der NZZ-Redaktor Gerhard Schwarz sein. Finanziert werden die selbst ernannten Reformatoren vom Schweizer Ableger der Hochfinanz, der Economiesuisse. Es gilt: wer zahlt, befiehlt. Was die Konzern-Lobbys in der EU längst erreicht haben, streben sie nun auch in der Schweiz an, der letzten föderalistischen Bastion: Die radikale Umwälzung der bürgernahen Strukturen, hin zu kontrollierbaren Grossregionen, welche von immer weniger Interessenvertretern beherrscht werden können. Alles immer im Namen des Fortschritts.
 
Der weisse Fleck
Den Startschuss zum ausufernden Fusionsaktivismus der Luzerner Politik gab 2005 die Zentralisten-Bibel „Baustelle Föderalismus“, herausgegeben von Avenir Suisse und erschienen im NZZ-Verlag. Auf 395 Seiten verkünden einige Professoren im Solde des Kapitals den Sonderfall Schweiz mit seinen 26 Kantonen und gegen 3‘000 Gemeinden zum Auslaufmodell, welcher in einem globalisierten Umfeld nicht mehr zeitgemäss sei. Anhand undurchsichtiger Kriterien teilten sie die Schweiz in 6 sog. „Metropolitanräume“ ein. Die Agglomeration Luzern war darauf lediglich ein unbedeutender weisser Fleck, im Schlepptau des übermächtigen Wirtschaftsraumes Zürich. Diese Beurteilung traf die Luzerner Kantons- und Stadtregierung scheinbar heftig. Wer will im Vergleich zur Konkurrenz schon ein unbedeutender Fleck sein? Zur Bewältigung der scheinbaren Rückständigkeit verschrieben sie sich der Agenda von Avenir Suisse, die da lautet: Stärke ist gleich Grösse. Die Vision eines GrossLuzerns war geboren. Nur eine Stadt Luzern, vereint mit den Agglomerationsgemeinden, die dereinst 180‘000 Einwohner umfasste, würde die ersehnte schweizweite Bedeutung erhalten.
 
Eifrige Fusionisten
Mit Schlagworten wie „Synergien nutzen“ machte sich die Verwaltung an die Umsetzung. Am nötigen Eifer fehlte es den Fusionstreibern nicht. Die Gemeindereform 2000+ wird vom zuständigen Amt für Gemeinden im Akkordtempo vorangetrieben. Unterstützt von den meisten Parteien (zumindest, was die Funktionäre betrifft). Erstaunlich ist, wie sowohl Wirtschaftsvertreter als auch die vereinigte politische Linke in den Fusionschor einstimmten. Es ist eine unheilige Allianz, in der beide nur den eigenen Profit vor Augen haben. Die Verbandsfunktionäre der Wirtschaft erhoffen sich mehr persönliche Macht, Prestige und schnellere politische Handlungsabläufe, während die Linken nur in verstädterten Gebieten auf Erfolg hoffen. Denn erst in anonymen Grossgebilde, wo der Zusammenhalt unter Bürgern nicht mehr spielt, ertönt der laute Ruf nach einem alles regelnden Staat. Je grösser das Gebilde, desto kleiner das Verantwortungsbewusstsein des Einzelnen und desto geringer die Hemmschwelle, von staatlichen Sozialleistungen zu profitieren.
 
Grenzenlose Zusammenschlüsse: Experten werden kritisch
Auch die Zahl der Staatsangestellten steigt, je grösser eine Gemeinde wird. Eine Studie der Uni Zürich von 1996, welche die Verwaltungskosten in den Gemeinden untersucht hatte, kommt zu folgendem Ergebnis: Bei Gemeinden mit einer Einwohnerzahl von 2'000 bis 5'000 beträgt die Angestelltenquote pro 100 Einwohner 0,61, bei 5'000 bis 10'000 beläuft sie sich bereits auf 0,76 und bei 10'000 bis 25'000 gar auf 1,07. Derweil mehren sich die Stimmen, welche politischen Grossfusionen von Gemeinden den Nutzen absprechen. Der bekannte Freiburger Professor und Fusionskritiker Reiner Eichenberger sagt:„Unter den bekannten Schweizer Ökonomen ist es heute wohl die Mehrheitsmeinung, dass kleinräumige Strukturen effizienter und demokratischer sind.“ Er ist weit nicht der einzige, der vor der neu entstandenen, flächendeckend grassierenden, wahren „Staatsreligion Fusionen“ warnt.
 
Systematische Demontage der Strukturen
Nebst GrossLuzern, ganz im Sinne der Power-Speak-Strategie „Starke Stadtregion“ benannt, ist der ganze Kanton Luzern im Umbruch. Den Grundstein hat die neue Kantonsverfassung von 2007 gelegt. Wohl wissend, dass viele der vollzogenen Änderungen in einzelnen Volksabstimmungen chancenlos geblieben wären, unterzog man die alte Verfassung einer Totalrevision, in der von Inhalten abgelenkt und statt dessen von sprachlichen Anpassungen und Modernisierung gesprochen wurde. So hat man die bewährten Ämter durch substanzlose Wahlkreise ersetzt und die Möglichkeit zu Zwangsfusionen fernab der öffentlichen Diskussion in die Verfassung reingepackt. Die zwischenzeitlich von einer Sonderkommission erarbeitete Neueinteilung der Wahlkreise sieht die Zusammenlegung der Wahlkreise Entlebuch und Willisau zu einem gemeinsamen Wahlkreisverbund vor. Dies ist nur ein erster Schritt zu weiteren zentralistischen Reformen. Dank einem Referendum kommt es noch im Jahre 2010 zu einer kantonalen Volksabstimmung.
 
Die Projekte
In der Region Sursee bewegen die Fusionsgespräche schon seit längerem die Gemüter. Im Jahr 2009 kam es in der Stadt Sursee und den umliegenden Gemeinden zu einer Volksabstimmung, ob Fusionsverhandlungen gestartet oder eine verstärkte Zusammenarbeit geprüft werden sollte. Nach dem klaren Volks-Nein von Oberkirch erlitt die vom Kanton favorisierte Grossfusion um Sursee einen Dämpfer. Der weitere Weg ist noch offen. Am 13. Juni 2010 entscheiden die Gemeinden Entlebuch, Flühli, Hasle und Schüpheim über die Fusion zur Vierer-Gemeinde „Entlebuch G4“. Das überparteiliche Komitee „zukunft-entlebuch.ch“ kämpft für die Eigenständigkeit der Gemeinden und gegen den kantonalen Fusionsdruck. Der Verein Gegen GrossLuzern unterstützt die Entlebucher Mitstreiter und wünscht Ihnen viel Erfolg und Durchhaltewillen. Bei Bedarf steht man jederzeit für ideelle und logistische Hilfe zur Verfügung.
 
Der Fusions-Fonds
Ein weiteres Kapitel der Auflösungskampagne des Kantons Luzern ist die Errichtung des sog. „Kohäsionsfonds für Sonderbeiträge und Zusammenarbeitsprojekte“. Dieser soll 80 Millionen Franken umfassen und im Verlauf des Jahres 2010 vom Kantonsrat beschlossen werden. Pikant ist, dass davon 70 Millionen für Fusionen und nur 10 Millionen Franken für gemeindeübergreifende Kooperation reserviert sind. Die Absichten des Regierungsrates und der Verwaltung sind unverkennbar. Sie und ihre fusionsfreudigen Helfer wollen einen Fusionstopf schaffen, aus dem sie beliebig Geld schöpfen können, um Fusionen finanziell zu „schmieren“. Somit wird die bisherige Praxis, dass jeder Fusionsbeitrag dem Referendum untersteht, abgeschafft. Dies mit dem Ziel, die Volksmitsprache bei finanziellen Beiträgen zu umgehen, sodass die finanziellen Versprechungen nicht mehr via Referendumsabstimmung torpediert werden können (wie beim Nein zum 20 Millionen-Beitrag an die Fusion Luzern-Littau im Jahr 2007). Die Unterstützung für vertiefte Zusammenarbeit ist nichts weiter als Kosmetik und für den Kanton klar zweitrangig. Wir haben uns bereits im Vernehmlassungsverfahren kritisch zum Kohäsionsfonds geäussert und werden ihn weiter konsequent bekämpfen.
 
Der sog. Kohäsionsfonds und insbesondere die Bekanntmachung der dahinter stehenden Absichten werden den Verein Gegen GrossLuzern in den kommenden Monaten stark fordern. Des Weiteren ist das kantonale Föderalisten-Netzwerk weiter zu stärken und die Fusionsgegnerkomitees in ihren Informationskampagnen zu unterstützen.
 
Wie sagte schon der Berner Feldherr Adrian I. von Bubenberg:
 
„So lange in uns eine Ader lebt, gibt keiner nach“!